Eingriffe in sensible Natur

Es ist selbstverständlich, dass ein so großes Seilbahnprojekt wie der “Brückenschlag” gewaltige bauliche Eingriffe in der Gebirgsnatur mit sich bringt. Entgegen den Beteuerungen der Befürworter (“nur minimale Eingriffe”, “nur zwei Stützen”) droht die irreversible und weithin sichtbare Zerstörung sensibler Naturräume – im Bereich der Almen genauso wie im Zentrum der Kalkkögel. Die geplante Seilbahn würde das gesamte Hochtal zwischen dem Kreuzjoch (Skigebiet Schlick 2000, rechts im Bild) und dem Bereich der Hochtennscharte im Kamm der Kalkkögel (am linken oberen Bildrand) überspannen.

 

Das Hochtal der Schlicker Alm

Das Hochtal der Schlicker Alm

 Nur zwei Stützen?

Für die Seilbahnverbindung vom Kreuzjoch/Schlick 2000 zum Hoadl/Axamer müssten im Bereich der Hochtennscharte – direkt neben dem Gipfelkreuz der Hochtennspitze – zwei Seilbahnstützen in der Höhe von 20 und 40 m errichtet werden. Damit wäre die höhere der beiden Stützen nahezu gleich hoch wie der Innsbrucker Stadtturm – und deutlich höher als dessen Aussichtsbalkon in 31 m Höhe.

 

Der Innsbrucker Stadtturm, die Stützen überragen die Aussichtsbalkone um 10 Meter. Quelle: http://de.wikipedia.org

Der Innsbrucker Stadtturm, die Stützen überragen die Aussichtsbalkone um 10 Meter. Quelle: http://de.wikipedia.org

Und noch ein Vergleich: Der weithin sichtbare Sender auf dem Patscherkofel ist 50 m hoch. OLYMPUS DIGITAL CAMERA

Interessant wäre ja auch zu erfahren, wie die Betreiber sicherstellen wollen, dass diese Stützen nach Ablauf ihrer Lebenszeit – etwa nach einer Insolvenz – wieder rückgebaut werden. Es gibt inzwischen zahlreiche aufgelassene Skigebiete, in denen die Installationen viele Jahre lang vor sich hin rosten.

 

Probleme zwischen Mutterer Alm und Axamer Lizum

Vorgesehen ist eine Trassenführung von der Bergstation Pfriemesköpfl mit einer 10er-Gondelbahn bis zum Gipfelkreuz des Birgitzköpfl (1982 m). Getrennt davon wird ebenfalls von der Axamer Lizum eine 10er-Gondelbahn zum Birgitzköpfl geführt. Eine direkte Anbindung an das Birgitzköpflhaus ist nicht vorgesehen. Um zum Schutzhaus zu gelangen, müsste zukünftig vom Birgitzköpfl in die Götzner Grube abgefahren werden und anschließend mit dem bestehenden Schlepplift eine Auffahrt zum Schutzhaus erfolgen. Vom Birgitzköpfl ist der Bau einer Schipiste bis zur Birgitz Alm vorgesehen. In weiterer Folge soll ein Schiweg von der Birgitz Alm entlang des Sommerweges (Butter-Bründl-Steig) in die Axamer Lizum errichtet werden. Wer den Wanderweg zwischen der Birgitz Alm und der Axamer Lizum schon einmal gewandert ist, dürfte aufgefallen sein, dass der Steig zumeist sehr nass und schlammig ist. Bei genauer Beobachtung ist auch feststellbar, dass der gesamte Westhang sehr stark durchfeuchtet ist, was auch immer wieder Quellaustritte und kleine Bächlein bestätigen. Selbst am Baumbewuchs ist gut zu erkennen, dass der Hang in Bewegung sein muss (Säbelwuchs der Bäume). Untermauert kann diese Tatsache insofern werden, dass ein kurzes Straßenstück mit einer Mauer und Eisenstreben in die Axamer Lizum auf der Hangseite – aufgrund der Labilität des Hanges – im Frühjahr 2014 gesperrt werden musste. Insofern ist überhaupt nicht gesichert, dass für diese geplante Trassenführung eine Genehmigung von der Behörde erteilt wird, denn die Alpenkonvention verbietet laut Bodenschutzprotokoll (Art. 14 „Auswirkungen touristischer Infrastrukturen) die Genehmigung von Schipisten in labilen Gebieten. Aus diesem Grund müsste das Projekt umgeplant werden, womit die derzeitig prognostizierten Kosten von 17 Millionen Euro wohl nicht zu halten sein werden.

Naherholungsgebiet Birgitz Alm – Birgitzköpfl

Das gesamte Einzugsgebiet zwischen Adelshof und Birgitzköpflhaus kann gerade in den Wintermonaten als eines der am stärksten frequentierten Naherholungsgebiete im Großraum Innsbruck bezeichnet werden. Die sanften Nutzungsmöglichkeiten sind in diesem Raum vielfältig – für Winterwanderer, Rodler, Schneeschuhwanderer und Schitourengeher. Bei einer Realisierung des Zusammenschlusses über das Birgitzköpfl und bei einer Realisierung der Skipiste bzw. eines Skiweges Birgitzköpfl – Birgitz Alm – Axamer Lizum würde das Naherholungsgebiet massiv beeinträchtigt und eine Verdrängung Alpinskifahrer versus Naherholungssuchende die logische Konsequenz sein.

 

Steilhänge über Neustift

Die geplante Seilbahnverbindung Neustift – Sennjoch/Schlick 2000 wird von betroffenen Grundbesitzern und Einheimischen entschieden abgelehnt. Die Bauern verweisen auf ernste Naturgefahren durch den Eingriff in ein sehr sensibles Gebiet und wehren sich gegen den befürchteten Ansturm von Variantenfahrern. Die Alpenvereinssektion Stubai lehnt die geplanten skitechnischen Erschließungen im Ruhegebiet um den Hohen Burgstall ab. Franz Pfurtscheller vom Heisn-Hof in Neustift und Siegfried Hofer, Hoaler-Bauer, lehnen eine Nutzung ihrer Grundstücke und Wege für die geplanten Anlagen kategorisch ab. Das Gelände um Goldsutte und Kaserstatter Felder, wo Lifte und Pisten geplant sind, kennen sie als hochsensibel und gefahrenträchtig. „Der Berg ist voller Wasser und stellenweise sehr steil“, sagen sie und bestätigen damit jene Amtsgutachten, die ähnlichen Plänen bereits vor 25 Jahren eine Abfuhr erteilt haben (siehe unten). Der Hang der sogenannten Madeberge steigt wirklich steil – bis zu 40° – vom Talboden an; dasselbe gilt für die Abhänge unterhalb des Sennjochs. Rechts und links fallen zwei Gräben – Bachertal und Jedles Gieße – steil ab; immer wieder rutscht dort Material nach. Das Gebiet ist mit Lärchen bewachsen. Sie bilden einen Schutzwald und Schutzwall gegen Lawinen, die neben den Bauernhöfen auch Hotels und das Schulzentrum treffen könnten. Sie wurden eigens aufgeforstet. Die Lärchenwälder wären ein Anreiz für Variantenfahrer, vor allem dann, wenn die Bahn sie hinaufbringt, die gefährliche Einfahrt zur Goldsutte ausgebaut ist und es keine Talabfahrt gibt. Durch die Errichtung einer Skipiste über die Goldsutte zur Mittelstation und später einer Talabfahrt sind Rodungen und Planierungen in dem steilen, lehmigen und zum Teil durchnässten Gelände notwendig. Die Bauern kennen hier jeden Quardratmeter des Bodens und die Bäche. Die Beschneiung der Skipisten soll mit Wasser aus dem Gebiet der Schlick erfolgen. Die Entwässerung über die Murgräben der Jedels Gieße und des Omesberger Baches würde zu einer Erhöhung der Murtätigkeit und damit zu einer Bedrohnung für die Siedlungen im Gefahrenbereich führen.

Ablehnende Bescheide

Schon 1985 hieß es, Neustift im Stubaital wird verarmen, wenn die Seilbahn auf das Sennjoch nicht kommt. Das Projekt kam damals bis zu einer Vorprüfung durch amtliche Sachverständige. Hier einige Kernaussagen der Gutachten zum Erschließungsprojekt von 1985: Naturschutzbeauftragter Peter Sonnewend-Wessenberg, 13.06.1985 “… Schluss mit der Zerstörung des wertvollsten Landschaftsinventars, des besten Landschaftspotenzials in Tirol.” BH Innsbruck, Forstinspektion Steinach, Schusterschitz, 27.06.1985 Seite 2, Zubringer: gesamter Waldbereich von besonderer Bedeutung für die Schutzwirkung, Schutz-Bannwald, grundsätzlich keine Zustimmung Abteilung Landesplanung ZL. Ic/Lpl-42.282/85.2, Franz Sint, 27.06.1985 Zusammenfassung: nach Meinung der Landesplanung überwiegen die Nachteile. Auf eine Erschließung sollte verzichtet werden TLRG, Abteilung Sport, Dr. Girardi, 28.06.1985, Niederschrift, Zitate daraus: Seite 1 – Abfahrt von Bergstation zu steil, zu schwierig, außerdem von Forst und WLV nicht zugelassen …; Seite 3 Mitte – Zusammenfassend: das sichere, dem Massenskilauf entgegenkommende Angebot an Abfahrten und Skiflächen ist außerordentlich gering. Der Aufwand steht in keinem gesunden Verhältnis zu Nutzen für den Skilauf. Seite 3, letzter Absatz– Abfahrt Sennjoch in die Goldsutte – Südhänge abschreckend steil, für Normalschifahrer absolut unbefahrbar. Seite 5, Zusammenfassung: keine echte Arrondierung des Skigebietes Schlick, geringes Platzangebot, wegen der überall drohenden Lawinengefahr und Steilheit nicht ausbaufähig, kein brauchbares Ausweichgebiet für den Gletscher, überaus gewaltige Natureingriffe, die zum Nutzen für den Skilauf (max. 2-3000 Pers.) in einem krassen Gegensatz stehen, endgültiges Gutachten ergibt Ablehnung. TLRG, Abteilung Umweltschutz, Kahlen, 04.07.1985, Seite 4 und 5 Zusammenfassung: Neuerschließung Gebiet „Goldsutte“ für Massenskilauf aus naturschutzrechtlicher Sicht wegen wesentlicher Eingriffe in Naturhaushalt und Landschaftsbild abzulehnen WLV, Hopf, 08.07.1985, Seite 10 Zusammenfassung: Wenn Verhinderung Aufforstungsflächen Bachertal nicht gegeben, keine Zustimmung TLRG, Abteilung Umweltschutz, Kahlen, 07.01.1987 …am 12.Juni 1985 ergab eine von der BH organisierte interdisziplinäre Vorbegutachtung statt. Teilnehmer: Projektvertreter, Bürgermeister Egger von Neustift, Amtssachverständige Abteilung Umweltschutz, Bezirksforstinspektion Steinach, WLV, Sportabteilung Land, überörtliche Raumplanung, Dr. Schiechtl als ingenieurbiologischer Sachverständiger. Nach eingehender Geländebesichtigung u. Projekterörterung kamen ALLE Sachverständigen zur einhelligen Auffassung: sehr gravierende, teilweise irreparable Schäden am Naturhaushalt u. am Landschaftsbild – bedeutet aus naturschutzfachlicher Sicht: Projekt ist im weitesten Sinne abzulehnen.