Rund um die Kalkkögel 1

Von der Schlick ins Land hinter den „Nordtiroler Dolomiten“

Ausgangspunkt: Fulpmes im Stubaital (937 m), Talstation der Kreuzjochbahn (Schlick 2000) oberhalb des Ortes (1028 m). Auffahrt mit der Seilbahn über die Mittelstation Froneben zur Bergstation Kreuzjoch (2136 m)

ÖV: Stubaitalbahn (STB) und Bus (ST) von Innsbruck (www.ivb.at); 15 Minuten Zugang vom Bahnhof bzw. Bushaltestelle zur Seilbahnstation

Tourencharakter: landschaftlich großartige Zwei-Tage-Tour auf schmalen, stellenweise auch ausgesetzten Pfaden im alpinen Gelände

Gesamte Gehzeit: 8:30 – 9:00 h

Aufstieg: 800 hm

Abstieg: 1800 hm

Einkehr: Sennjochhütte, Starkenburger Hütte, Adolf-Pichler-Hütte, Pfarrachalm

Karten: AV-Karte 31 „Innsbruck und Umgebung, KOMPASS Nr. 83 „Stubaital“, 1:50.000

 

Selbst wer die Kalkkögel von allen Seiten sehen möchte, braucht keinen „Seilbahn-Brückenschlag“: Gut markierte, aber stellenweise recht alpine Pfade und drei gemütliche Schutzhütten laden zu einer Rundwanderung um den gesamten Kamm ein. Mit entsprechender Kondition (und Seilbahnhilfe bis zum Startpunkt Kreuzjoch) ist diese Tour um die „Nordtiroler Dolomiten“ durchaus an einem Tag möglich – viel mehr Muße und Zeit für lohnende Abstecher hat man aber, wenn man sie auf zwei oder gar drei Tage ausdehnt. Wie auch immer: das Naturerlebnis ist großartig, die wilden Berge bilden einen faszinierenden Kontrast zu den Almwiesen in ihrer Umgebung. Doch man muss sich stets vor Augen halten: Weite Teile dieser Landschaft, die Sie hier durchstreifen, soll einem Mega-Skigebiet zum Opfer fallen – und nicht nur zwei neuen Liftstützen!

► Vor dem Start zur Rundtour sollten Sie von der Bergstation Kreuzjoch auf dem 500 m langen Panoramaweg zur Aussichtsplattform Stubaitalblick gehen. Unterwegs setzen künstlerisch gestaltete Sitzgelegenheiten Akzente – und dann bietet sich eine wirklich schöne Rundsicht vom Inntal über die jenseits des Stubaitals aufragende Serles (2717 m) und den mächtigen Habicht (3277 m) bis zum Wilden Freiger (3418 m) am vergletscherten Hauptkamm der Stubaier Alpen. Grandios ist aber auch der Tiefblick zur Schlicker Alm und das wohl schönste Panorama der Kalkkögel. Hoch über dem Almboden soll die geplante Seilbahn zur Scharte links neben der Hochtennspitze (2549 m) führen – und dahinter weiter zum Hoadl, ins Skigebiet der Axamer Lizum. Größenwahn?

Zur Starkenburger Hütte (1:30 h):

Von der Bergstation Kreuzjoch (2136 m) wandern Sie nach dem Wegweiser „Starkenburger Hütte“ durch eine Skilift-Unterführung und auf dem breiten, anfangs kaum ansteigenden Panoramaweg unter dem Wetzsteinschrofen (Lawinenverbauung) in die Senke unter dem Sennjoch (2240 m). Von dort geht’s rechts kurz zur Sennjochhütte (2225 m) hinauf.

► Dort befinden sich Lifte des Skigebiets Schlick 2000. Noch viel mehr soll neu „erschlossen“ werden: die Hänge hinauf zum Kleinen Burgstall, ein Seilbahn-Übergang zum Seejöchl und weiter zur Adolf-Pichler-Hütte, die steilen, südseitigen Hänge links hinunter nach Neustift im Stubaital.

Kurz vor der Hütte zeigt ein Schild links die Richtung zur Starkenburger Hütte an. Neben einer Skipiste erreichen Sie eine Gabelung vor dem Felsklotz des Niederen Burgstalls (2436 m). Dort bleiben Sie geradeaus auf dem beschilderten und gut angelegten Hüttenzugangsweg, der – gut gesichert – durch eine steile Fels- und Schrofenpassage in ein Kar hinüberführt. Bei der dortigen Gabelung zweigen Sie links ab und marschieren auf dem Pfad Nr. 4 am Fuße des Hohen Burgstalls (2611 m) und zwischen Lawinenverbauungen zur Starkenburger Hütte (2237 m).

 

Weiter zur Adolf-Pichler-Hütte (2:30 h):

Sie wandern nun auf dem Pfad Nr. 116 Richtung „Franz-Senn-Hütte, Adolf-Pichler-Hütte“ durch die steilen Grashänge des Hohen Burgstalls aufwärts, geradeaus an der Abzweigung des Gipfelzustiegs vorbei und auf eine Geländeschulter hoch über dem Oberbergtal. Danach geht‘s durch eine sehr steile Schrofen- und Schutthänge – hoch über dem noch völlig unberührten Kessel der Seealm – zur Felsbasis der markanten Schlicker Seespitze (2804 m) hinüber. Bei der Abzweigung der Route zum Schlicker Schartl bleiben Sie ebenfalls geradeaus. Der untere Pfad (Nr. 116) durchquert das Geröll am Fuß des Berges etwas oberhalb des romantischen Schlicker Sees . Etwa 1:00 h ab der Starkenburger Hütte erreichen Sie das Seejöchl (2518 m).

► Nun empfiehlt sich eine Rast, denn die landschaftlichen Gegensätze könnten größer nicht sein. Rechts (östlich) zieht der höchste Gipfel der Kalkkögel alle Blicke auf sich: die mächtige, aus hellem und deutlich gebänderten Dolomitgestein aufgebaute Schlicker Seespitze mit den sagenumwobenen Felstürmen der „Schlicker Manndln“. Links (westlich) steigt dagegen ein viel sanfterer und dunkelfelsiger Urgesteinsrücken zum Gamskogel (2659 m) an. Dieser lässt sich in etwa 20 Minuten problemlos ersteigen – und das prachtvolle Panorama von dort belohnt den Abstecher reichlich. Der Gamskogel ist ein idealer Aussichtspunkt zwischen den „Dolomiten“ und den vergletscherten Alpeiner Bergen um die Ruderhofspitze (3474 m), die sich hoch über dem Talschluss des Oberbergtals erheben. An klaren Tagen erblickt man auch das Karwendelgebirge und die Hohe Munde (2662 m), den Olperer (3476 m), den Gschnitzer und den Pflerscher Tribulaun (3097 m), den Habicht (3277 m) und die Wilden Freiger (3418 m). Was empfinden eigentlich jene Touristiker, nach deren Wünschen gleich drei Seilbahnstationen am Seejöchl entstehen sollen – für neue Bahnen herüber vom Niederen Burgstall, vorbei an der Adolf-Pichler-Hütte zur Kemater Alm und hinunter ins Oberbergtal (mit Anschluss zur Milderaunalm und bis zum Stubaier Gletscherskigebiet).

Im Seejöchl verlassen Sie den Stubaier Höhenweg, der links Richtung Franz-Senn-Hütte abzweigt. Die Kalkkögel-Rundtour führt nach Norden Richtung Adolf-Pichler-Hütte hinab (Nr. 116). Das riesige, steile und helle Schuttfeld am Fuß der Schlicker Seespitze und der Riepenwand (2774 m) wird im schrägen Abstieg durchquert (schmale, da und dort etwas rutschige Wegtrasse), bis es nach ca. 300 m einen kleinen Urgesteinsrücken freigibt.

► Der Pfad, der davor rechts abzweigt und durch die Geröllhalden unter den Felswänden nach Norden führt, wäre eine Abkürzung direkt zum Hochtennboden – er ist jedoch derzeit wegen Steinschlaggefahr gesperrt (Warnschild).

Über diesen Rücken zieht der Pfad kurz abwärts und dann nach rechts. In der Folge marschieren Sie über Karstufen und kleine Moränenwälle, die nacheiszeitliche Gletscher hinterlassen haben, bergab. Dazwischen bieten grasige Böden ein wenig Erholung – stets mit großartigem Blick zu den Felsabstürzen der Großen Ochsenwand (2700 m) und des Steingrubenkogels (2633 m). Auch Murmeltiere sind hier oft zu beobachten (oder zumindest zu hören). Schließlich erreichen Sie die gemütliche Adolf-Pichler-Hütte (1977 m).

 

Übergang zur Pfarrachalm (3:00 – 3:30 h):

Vom Schutzhaus steigen Sie auf dem beschilderten Weg Nr. 113 Richtung „Alpenklubscharte, Hoadl“ zu den Schuttfeldern unterhalb der Kalkkögel an, bis Sie am Fuß der Schlicker Nadeln einen quer verlaufenden Pfad erreichen. Auf diesem geht’s nach links. Hoch über der Kemater Alm führt die Route durch Geröllfelder und die Wiesenhänge der Wetterschrofen – direkt unter dem Steingrubenkogel (2633 m) und den Schlicker Zinnen vorbei. Links sieht man zum Hoadl (2340 m) mit seinem eigenwilligen Gipfelhaus hinüber. Kurz vor dem Hoadlsattel (2264 m) erreichen Sie eine Wegteilung, von der Sie rechts zum nahen Hochtennboden (ca. 2400 m) ansteigen. Etwa 1:00 h nach dem Start bei der Adolf-Pichler-Hütte stehen Sie auf dieser idyllischen Bergwiese unterhalb der Hochtennspitze (2549 m), die mit steilen Felsen gegen die Axamer Lizum hin abbricht.

► Hier würde die geplante Seilbahn über den Kamm der Kalkkögel rattern. Wer trittsicher und schwindelfrei ist, kann von hier aus die Hochtennspitze ersteigen (45 Minuten), um sich ein Bild davon zu machen, was hier für eine Katastrophe droht. Nahe dem Gipfel würden die berühmt-berüchtigten „zwei Seilbahnstützen“ stehen – ziemlich genau in der Mitte des Kalkkögel-Kammes.

Auf dem Hochtennboden überqueren Sie den Pfad, der vom Hoadl zur Hochtennspitze führt, und folgen dem Weg Nr. 111 in Serpentinen ins Kar am Fuß der wild zerrissenen Malgrubenspitze (2571 m) hinab. Links draußen in der Lizumer Grube ist eine kleine Hütte zu sehen – dort verläuft die Skipiste vom Hoadl in die Axamer Lizum. Durch Schutt, nah an einer Felswand und über einen grasigen Hang geht‘s wieder hinauf und zum Widdersbergsattel (2262 m). Dahinter öffnet sich das weite Lizumer Kar, in das Sie nun absteigen. Nach wenigen Schritten folgen Sie bei einer Gabelung dem Wegweiser „Halsl, Birgitzköpflhaus“ geradeaus (links führt ein Pfad zur Skipiste, rechts auf die Marchreisenspitze). Nun geht’s durch die weiten Grashänge des Widdersberges (2327 m) bergab.

► Diese Vorlagerung der Kalkkögel trägt ihren Namen zu Recht, denn es grasen oft Schafe oben. Der Gipfel trägt die Stütze einer Lawinensprengbahn, mit der im Winter zum Schutz der Skipiste Sprengladungen abgeschossen werden – er bietet aber einen schönen Blick über die Lizum und zu den Kalkkögeln.

Beim Abstieg ins Lizumer Kar fällt bald ein kleiner, aber seltsam geformter Felskopf neben dem Weg auf; weiter unten erkennt man einen nacheiszeitlichen Moränenwall. Bei der Wegteilung im unteren Bereich des Kars – am Fuß der Marchreisenspitze (2620 m) und des Ampfersteins (2556 m) zweigen Sie rechts ab. Wiederum kommt man ganz nah an die Felswände heran, dann zieht die Route zu einem weiten Wiesensattel zwischen dem Ampferstein und der nahen, mit einem Kreuz geschmückten Schneiderspitze (2156 m) empor. Es folgt der kurze Abstieg zum Halsl (1992 m). Kurz vor diesem Sattel zweigt rechts der „Lustige-Bergler-Steig“ Richtung Ampferstein ab. Von der Adolf-Pichler-Hütte waren Sie nun etwa 2:30 h unterwegs.

► Wer noch genug Kraft in den Waden hat, wird vielleicht die 2404 m hohe Saile oder Nockspitze „mitnehmen“. Der Wegweiser prognostiziert 1:15 h für die 400 hm bis zu ihrem geräumigen Grasgipfel, der eine großartige Rundsicht verspricht – von Innsbruck und der Nordkette über die zentralen Kalkkögel bis zu den Stubaier Gletscherbergen und den Zillertaler Alpen. Vom luftigen nördlichen Vorgipfel genießt man auch einen tollen Tiefblick auf das Mittelgebirge. Wer mit der Stubaitalbahn oder per Bus angereist ist, könnte vom Halsl in 45 Minuten auch in die Axamer Lizum absteigen (Buslinie 4162 über Axams nach Innsbruck, Anfang Juli bis Anfang September täglich, letzte Juniwoche bzw. bis Ende September nur Sa/So, www.axamer-lizum.at/de/sommer/wanderbus). Noch schöner ist der Umweg übers Birgitzköpflhaus, die Birgitzer Alm und den romantischen Butterbründlsteig – der soll ja zu einem „Skiweg“ ausgebaggert werden (1:30 h).

Über das Halsl führt eine alte Verbindungsroute von Axams nach Fulpmes. Wer direkt dorthin absteigen möchte, folgt dieser nach rechts, hinunter zum Wiesenboden der Isse, auf dem ein Kreuz steht. Dort zweigt links ein breiter, sanft ansteigender Weg zur Pfarrachalm (1740 m) ab.

► Kaum länger, aber viel eindrucksvoller ist jener Pfad, der am Halsl mit „Sailnieder, Pfarrachalm“ beschildert ist und nach wenigen Schritten an der kleinen Halslkapelle vorbeiführt. Diese uralte Andachtsstätte wurde einst mit Hexen in Verbindung gebracht. Man wandert dann fast eben durch die abschüssigen, von Waldbränden verwüsteten Südabhänge der Saile hinüber zum Sattel der Sailenieder (1974 m), von dem der kurze Abstecher aufs Nederjoch (2142 m) eine kürzere Gipfelalternative zur Saile bietet (20 Minuten Aufstieg). Der Weg zur Pfarrachalm zweigt dort rechts ab, durchquert die ebenso kahlen Hänge des Nederjochs und schlängelt sich dann steil zur Pfarrachalm hinunter.      

 

Abstieg ins Stubaital (1:30 h):

Von der Isse zieht der Weg neben dem bewaldeten Graben des Halslbachs abwärts und mündet auf 1242 m schließlich in jene Forststraße, die von der Pfarrachalm in weiten Kehren talwärts führt (es gibt auch einen sehr steilen Abkürzungsweg, den „Hirtensteig“). Dann wandern Sie – rechts bleibend – auf einem steilen Waldpfad hinunter in den Weiler Plöven und links auf der Straße ins Tal des Schlickerbachs, dem Sie kurz bergab Richtung Fulpmes (937 m) folgen.

► Hier befanden sich einst die Hammerwerke von Fulpmes; im Jahre 1840 zählte man 67 Werkstätten. Etwas weiter unten, an der Fachschulstraße, erinnert das Schmiedemuseum an diese Zeit (im Sommer jeden Mittwoch von 14 bis 17 Uhr geöffnet, Tel. +43(0)5225/696024 oder +43(0)664/4502402 – Herr Gleinser Peter).

Zuletzt biegen Sie rechts auf den Huiratweg ab, der zur Talstation der Kreuzjochbahn (Schlick 2000) oberhalb des Ortszentrums von Fulpmes führt.